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Sonntag, 26. August 2012

Nathalie küsst









Nathalie küsst, David Foenkinos
(C.H. Beck, 2011)

Wäre dies Great Expectations, so könnte ich hier den „Ich hatte größere Erwartungen“ Scherz vom Stapel lassen, doch zu Nathalie küsst kann ich nur sagen das es ein gutes Buch ist, dem es aber für mich an Feinheit fehlt*.

 Kurzinhalt:
Nathalie und François sind ein Paar wie aus dem Märchenbuch, mit Feingefühl und Geschmack. Doch eines Tages kommt François nicht vom Joggen zurück, eine Blumenhändlerin überfährt ihn.
Die schöne Nathalie muss fortan allein durchs Leben gehen, sich der Neugier der Kollegen und der Avancen ihres Chefs Charles in der schwedischen Firma, in der sie als leitende Angestellte arbeitsbesessen über der Akte 114 brütet, erwehren. Als der unscheinbare Quotenschwede Markus ihr Büro betritt, packt sie ihn unvermittelt und küsst ihn.


 Da ist zum einen diese für mich immer wieder überraschend unromantische, kühl sachliche Art der Franzosen über Liebesdinge zu Schreiben (Sprich: Sex und Sexuelles Verlangen). Das steht für mich dem sonst doch eher locker heiteren Stil des Buches entgegen und verursacht eine gewisse unangenehme Reibung die immer mal wieder den Lesefluss ins straucheln geraten lässt.
Und da sind zum anderen diese schon prototypisch anmutenden männlichen Charaktere welche einem die Frage abringen ob sie Frauen wirklich mögen, oder einfach nur der Befriedigung eines Sexuellen Reizes folgen? Dies wären im vorliegenden Fall Nathalies Kollege Markus, ein eher unwahrscheinlicher, emotional unsicherer** Romanctic Interest, und auf der Gegenseite ihr sie bedrängender, verheirateter Chef, Charles. Eine Konstellation die einem den Gedanken aufdrängt das Nathalie sich nach dem Tode ihres Gatten nun eben für das kleiner Übel entscheidet.
Aber halt, eine Entscheidung trifft sie nicht wirklich in dem Moment da sie Markus küsst, sie lässt sich vielmehr von einen spontanen Gefühlsschwankung hinreißen.

 Diesen zum Glück eher marginalen Schwächen zum Trotz ist Nathalie küsst ein Buch das man durchaus guten Gewissens weiter empfehlen mag. Denn der Sextalk hält sich in Grenzen, und die Verbitterung der Männer reicht nie hin zum Hass auf Frauen – es ist einfach nur so das bei Foenkinos Männer und Frauen nicht für ein Zusammensein geschaffen scheinen. Wichtiger noch steht auf der Haben Seite des Buches das es auf charmanteste Weise die Mechanik eines Die wunderbare Welt der Amélie nutzt und seine Geschichte immer wieder mit kurzen zumeist völlig belanglosen Notizen und Listen Unterbricht:
 Nathalies drei Lieblingsbücher 

Die Schöne des Herrn 
von Albert Cohen 

Der Liebhaber
von Marguerite Duras 

Die Geometrie der unwägbaren Beziehungen 
von Dan Franck 

oder witzig, sinnlosen Fußnoten aufwartet:
*Das ist komisch: Normalerweise trifft man Mädchen, die Alice heißen, nicht bei solchen Partnervermittlungsveranstaltungen an. Alices finden im Allgemeinen eher leicht einen Mann. 

Dazu kommen dann noch ein Anzahl von Anspielungen und Seitenhieben auf Filmschaffende, die prompt das Herz dieses Filmfreundes erobern konnten. Dass das Buch sich in kurzen und kürzesten, manchmal kaum eine halbe Seite einnehmenden, Kapiteln präsentiert macht es zur perfekten Sommerlektüre, deren knapp 240 Seiten vergehen wie im Flug.

Auch wenn es nicht immer ohne einen gewissen Zynismus daherschreitet, und mir persönlich die rationale Kühle der Franzosen in Liebesdingen nicht behagt, unterm Strich versprüht das Buch eine durchaus optimistische Stimmung, eine keineswegs unerträgliche Leichtigkeit des Seins:
Gibt es ihn, diesen Kamikaze-Mann, der eine Frau aufhalten würde, um ihr an den Kopf zu werfen: "Wie können Sie nur solche Schuhe tragen? Sie pferchen Ihre Zehen wie in einem Gulag zusammen. Sie sind der Stalin Ihrer Füße, eine Schande ist das!" Wer wäre zu so etwas fähig?

Zum Schluß lassen sie mich an dieser Stelle noch einmal meinen Dank aussprechen an Sandy von Idealo, welche mir das Buch freundlicher weise im Zuge der Idealo-Sommer-Lese-Challenge zukommen liess.

*Original Titel: La délicatesse
**Spoiler: Einer der Punkte die mir an Nathalie küsst nicht gefielen ist der ausflug in Markus verganenheit, die ihn darstellt als jemanden der mit den Frauen schmollt weil ihn seine erste Freundin nicht rangelassen hat - kurz gesagt: für mich war er von da an immer ein wenig Arsch.

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