Diese Website verwendet Cookies, um Dienste bereitzustellen, Anzeigen zu personalisieren und Zugriffe zu analysieren. Informationen werden an Google weitergegeben.
Durch die Nutzung der Website erklären Sie sich mit Googles Weltherrschaftsbestrebungen einverstanden.

Montag, 30. November 2015

31 Tage - 31 Bücher / Filme

Tag 6


Ein Klassiker, der auch Deiner Meinung nach zu Recht ein Klassiker ist.

 Mary Shelley's Frankenstein, oder der moderne Prometheus. Das Buch liest sich immer noch noch großartig und die von der Autorin angeschnitte Thematik der ethischen Verantwortlichkeit der Wissenschaft für ihr tun ist Zeitlos.





 
Welcher war der erste Film, den du im Kino gesehen hast?

 Nach vermutlich mehr als vierzig Jahren schwer noch zu sagen.
Aller wahrscheinlichkeit nach ein Disney- oder ein Asterixfilm, da ja kaum jemand das Gegenteil beweisen kann nenne ich einfach meinen Wunschkandidaten: Susi und Strolch*.


* Leider ist das deutsche Originalplakat aus der Zeit Online nicht zu finden und mein eigenes habe ich nicht zur Hand, deshalb gibt es "nur" die US-Version.

Samstag, 28. November 2015

The Life and Letters of Mary Wollstonecraft Shelley, Part II









The Life and Letters of Mary Wollstonecraft Shelley* - Part II, by Florence A. Thomas Marshall
(Richard Bentley & Son,1889)


 Band zwei dieser Lebensgeschichte Mary Shelleys in Briefen und Tagebucheinträgen setzt nach dem Tod Shelleys, ihres Gatten, ein. Trotzdem überschattet dessen Leben und Charakter weiterhin Marys Leben, und sollte es wohl auch bis zu ihrem Tode tun.

 Nach dem Tod Shelleys werden Marys Briefe und Einträge zwar länger und Persönlicher, sie hält sich jedoch immer noch bedeckt in Bezug auf ihre Arbeit und weiterhin scheint sie ihr Leben weitgehend von Männern bestimmen zu lassen.

 Hauptsächlich ihrem Vater, zu dem sie hält ungeachtet der Tatsache dass sein Wesen ihre Schwester in den Tod getrieben hat, und einem Captain Trelawny, einem engen Freund Shelleys, den sie als lebenslangen Freund behält, aber sich auch gelegentlich an ihn um Geld wendet.

 Trelawny selbst scheint ein undurchsichtiger Abenteuer von äußerst zweifelhafter Moral gewesen zu sein, über den Mary in einem Brief schreibt
 When he first came to Athens he took to a Turkish life, bought twelve or fifteen women, brutti mostri, Pierino says, one a Moor, of all things, and there he lay on his sofa, smoking, these gentle creatures about him, till he got heartily sick of idleness, shut them up in his harem, and joined and combated with Ulysses...
 Überhaupt zeichnen Marys Briefe das Bild einer unangenehm unselbständigen Frau, die ihren ehemaligen Schwiegervater darum angeht für ihre Versorgung aufzukommen und generell sehr wenig von der Emanzipation der Frauen zu halten scheint, schreibt sie doch sogar einer Bekannten
 I am delighted to hear that Zella is in such good hands, it is so necessary in this world of woe that children should learn betimes to yield to necessity; a girl allowed to run wild makes an unhappy woman.

 Marys Briefe zeugen von einer Frau die sich nach dem Tod ihres Gatten von der Welt zurückzieht, es ist ihr nach eigenen Worten unangenehm sich alleine, zudem weitgehend Mittellos, in der Gesellschaft zu bewegen. Und immer wieder schlagen sich Anzeichen eines stark von einer depressiven Stimmungen geprägten Wesens in ihren Zeilen nieder.

 Zu selten lässt sie sich über ihre künstlerische Arbeit aus, äußert sich nur wenig zu ihren eigenen Werken, einzig zu Frankenstein lässt sie sich einmal zu einer längeren Anmerkung hinreißen
 But lo and behold! I found myself famous. Frankenstein had prodigious success as a drama, and was about to be repeated, for the twenty-third night, at the English Opera House. The play-bill amused me extremely, for, in the list of dramatis personæ, came "--, by Mr. T. Cooke." This nameless mode of naming the unnameable is rather good.

On Friday, 29th August, Jane, my Father, William, and I went to the theatre to see it. Wallack looked very well as Frankenstein. He is at the beginning full of hope and expectation. At the end of the first act the stage represents a room with a staircase leading to Frankenstein's workshop; he goes to it, and you see his light at a small window, through which a frightened servant peeps, who runs off in terror when Frankenstein exclaims "It lives!" Presently Frankenstein himself rushes in horror and trepidation from the room, and, while still expressing his agony and terror, "--" throws down the door of the laboratory, leaps the staircase, and presents his unearthly and monstrous person on the stage. The story is not well managed, but Cooke played --'s part extremely well; his seeking, as it were, for support; his trying to grasp at the sounds he heard; all, indeed, he does was well imagined and executed. I was much amused, and it appeared to excite a breathless eagerness in the audience. It was a third piece, a scanty pit filled at half-price, and all stayed till it was over. They continue to play it even now.
 Später äußert sie bedauern darüber, dass sie sich von ihrem Vater von der Idee abbringen lies, selbst ein dramatisches Stück zu verfassen, einer der wenigen Momente in denen sie öffentlich über ihre künstlerische Arbeit reminisziert.
Sonst spricht sie gerade mal über eine Auftragsarbeit, dem erstellen von Biographien berühmter Italiener, die ihr offenbar sehr viel Freude bereitete.


 Doch wie schon für den ersten Band gilt auch hier dass Mrs Marschall für eine gleichermaßen unterhaltsame Auswahl wie Überleitung zwischen den einzelnen Briefen und Einträgen sorgte, welche das Buch zu einem flüssigen Lesevergnügen machen.
Auch wenn man eben, wie schon Eingangs erwähnt, wieder einmal mehr über die Männer in Mary Shelleys Leben erfährt denn über die Autorin selbst.


Gutenberg Link



* Portrait von E. J. Trelawny entnommen aus dem Gutenberg.org download.

Dienstag, 17. November 2015

31 Tage - 31 Bücher / Filme

Tag 5



Ein Klassiker, bei dem Du nicht verstehen kannst, dass es ein Klassiker ist.


 Zwei Worte: Nabokov, Lolita.
IMHO eine pädophile Fantasie deren literarischer Wert sich mir nicht erschliest.




Welcher Film erinnert dich an jemanden?

 Aus Mangel an Beweisen.
Habe ich schon öfter erzählt ist aber eine dieser angenehmen Erinnerungen zu der ich immer wieder gerne zurückkehre:
Der Film hat mich trotz, oder vielleicht gerade wegen seiner hervorragenden Darsteller gelangweilt - eine Viertelstunde nach Beginn oder so weiß man bereits worauf es hinauslaufen wird, das who dunnit Element fällt also unter den Tisch, und das Gerichtsthrillerelement konnte mich nicht recht überzeugen. Sei es wie es sei, am Ende des Films, nachdem ich wie gewohnt das durchlaufen der Endtitel abgewartet habe, erhebe ich mich aus dem Kinosessel, trotte zum Ausgang, blicke auf und direkt in die Augen des Mädchens in das ich unsterblich verliebt war (bin sollte ich wohl sagen, denn das ist ja der Kern von "unsterblich" oder eben Liebe überhaupt, das es nicht einfach endet).
Ein gutes, denkwürdiges Ende zu einem belanglosen Film.

Sonntag, 15. November 2015

The Life and Letters of Mary Wollstonecraft Shelley









The Life and Letters of Mary Wollstonecraft Shelley*, by Florence A. Thomas Marshall
(Richard Bentley & Son,1889)

 Im Grunde hätte das Werk The Journal entries and Letters of Mary Wollstonecraft Shelley, with conjectures about her Life in connection to her husband Percy Bysshe Shelley drawn by the Author heißen müssen, betrachtet man den Inhalt.
Doch wenn man, wie ich, ohne große Vorkenntnisse über Mary Shelleys Leben in das Buch geht, enthüllen die darin wiedergegebenen Briefe und Tagebucheinträge, von Mary selbst, ihrem späteren Gatten Shelley, aber auch von Freunden und Bekannten der Shelleys, welche die Autorin mit kurzweiligem Schreibstil zu verbinden versteht, eine Fülle an wissenswerten Informationen.

 Trotzdem schloss ich das Buch mit einer gewissen Enttäuschung ab, denn man erfährt bis zum Ende mehr über Marys Ehegatten Shelley und ihre Freunde und Angehörigen, denn über die Frankenstein Autorin selbst, welche sich in ihren Briefen wie ihren Tagebucheintragen sehr zurückhält über sich selbst zu Sprechen. Doch gibt es sie, die persönlichen Momente in ihren Briefen:
 Mary to Shelley. Clifton, 27th July 1815.
My beloved Shelley—What I am now going to say is not a freak from a fit of low spirits, but it is what I earnestly entreat you to attend to and comply with. We ought not to be absent any longer; indeed we ought not. I am not happy at it. When I retire to my room, no sweet love; after dinner, no Shelley; though I have heaps of things very particular to say; in fine, either you must come back, or I must come to you directly.

 Es sind aber, so kommt es einem gelegentlich vor, vorwiegend die gravierenden Einschnitte in ihrem Leben die sie zu einer schriftlichen Gefühlsäußerung zu bewegen vermögen die nichts mit ihr in Bezug zu ihrem Gatten zu tun haben. Der Tod ihres Erstgeborenen Kindes, der Selbstmord der älteren Schwester, welche, so bekommt man das Gefühl vermittelt, aufgerieben wurde durch den Konflikt zwischen den Eltern und der jüngeren Schwester Mary, nachdem diese mit Shelley durchgebrannt war, sowie der ständigen Geldnot des Vaters.

 Es überraschte mich als Leser, wie nahe einem der Tod Fannys geht, die man getrennt durch die Jahrhunderte nie kennen lernen konnte. Trotzdem hat ihr einsamer Tod, und die Reaktion ihrer Familie welcher der Schutz ihres Rufs in diesem Moment wichtiger scheint denn die Trauer um den Verlust der Tochter, etwas unglaublich Tragisches. Doch Marys Vater ist einer der sich nicht mit Gefühlen aufhält, und auf den Tod der Tochter mit selber Kälte reagiert wie auf die Depression Marys in folge des Verlustes ihres Kindes.
 Skinner Street, 9th September 1819. 
My dear Mary—Your letter of 19th August is very grievous to me, inasmuch as you represent me as increasing the degree of your uneasiness and depression. You must, however, allow me the privilege of a father and a philosopher in expostulating with you on this depression. I cannot but consider it as lowering your character in a memorable degree, and putting you quite among the commonalty and mob of your sex, when I had thought I saw in you symptoms entitling you to be ranked among those noble spirits that do honour to our nature. What a falling off is here! How bitterly is so inglorious a change to be deplored.

 Es kein sehr sympathisches Bild das Florence Marshall da zeichnet.
Es ist das Bild eines Mannes welcher der Tochter zürnt, weil sie durch ihre uneheliche Beziehung zum zu diesem Zeitpunkt noch verheirateten Shelley, dem Ruf der Familie schadet, sich aber nicht schämt den quasi Schwiegersohn trotzdem um Geld anzugehen.

 Auch Lord Byron erweist sich, seiner feinen Worte und berührender Gedichte zum Trotz, als reiner Bastard, dessen Fahne im Wind schwingt und der je nach Gutdünken Shelley und Frau mal Freunde nennt und dann wieder moralisch im Stich lässt und hintergeht.

 Selbst Autorin Mary W. Shelley, stieß bei mir auf abnehmende Sympathie, denn wenn sie über sich und Shelley schreibt sie lebten in "Armut" - dann zeugt diese "Armut" letzlich nur von der lebensfremden Umgebung in welcher die Autorin groß wurde, und beschreibt noch immer ein Leben voll unerhörtem Luxus im Vergleich zu den in wirklicher Armut lebenden.

 Aber wie gesagt bis zum Ende des ersten Bandes erfährt man im Kern enttäuschend wenig über Mary Shelley außerhalb ihrer Beziehung zu Percy Bysshe Shelley, eine Tatsache auf welche von der Autorin im zweiten Band eingegangen wird, in dem in Folge von Shelleys unerwartetem Tod die junge Witwe, nun ihres Lebenspartners und Vertrauten beraubt sehr viel persönlicher wird in ihren Einträgen und Briefen.

 Ein weiterer Wermutstropfen ist das die Autorin Briefe welche  im Französischen verfasst wurden im Original wiedergibt, ohne eine Übersetzung dazu anzubieten. Teils lässt sich deren Inhalt zwar über den Kontext in groben Zügen erschließen, Teils aber eben auch nicht. Auch spätere in Italienisch wiedergegebene Passagen wurden leider nicht Übersetzt, so das der Genuss einem doch größere Sprachkenntnisse abfordert, will man nicht im unklaren über einen Teil der geschilderten Ereignisse bleiben.
 In Elise’s last letter to her chere amie, Clare put in that Madame Clairmont was very ill, so that her life was in danger, and added, in Elise’s person, that she (Elise) was somewhat shocked to perceive that Mademoiselle Clairmont’s gaiety was not abated by the douloureuse situation of her amiable sister. Jenny replies— 

“Mon amie, avec quel chagrin j’apprends la maladie de cette jolie et aimable Madame Clairmont; pauvre chère dame, comme je la plains. Sans doute elle aime tendrement son mari, et en être séparée pour toujours—en avoir la certitude elle sentir—quelle cruelle chose; qu’il doit être un méchant homme pour quitter sa femme. Je ne sais ce qu’il y a, mais cette jeune et jolie femme me tient singulièrement au cœur; je l’avoue que je n’aime point mademoiselle sa sœur. ..."


* Portrait von Mary Shelley entnommen aus dem Gutenberg.org download.

Montag, 9. November 2015

Cover Monday


Cover Monday by the emotional life of books.

 Mein heutiger Cover Monday Post zeigt mal wieder zusätzlich ein alternativ Cover. In diesem Fall handelt es sich um zwei unterschiedliche Designs zum selben Buch mit gleichem Covermotiv.

 Ganz ehrlich gesagt, mag ich das (aktuellere?) alternativ Cover eigentlich gar nicht, was irgendwie seltsam scheint, nutzt es doch tatsächlich das exakt gleiche Foto.

 Was mich anspricht beim gewählten Motiv (und ich sage dies auch auf die Gefahr hin das es mich als sehr oberflächlich charakterisiert) ist die Wirkung welche das Bild auf mich ausübt. Die düstere Gestaltung weckt eine Atmosphäre dubioser Bedrohlichkeit, während zugleich die bewusst unscharf gehaltene junge Frau eine geradezu sexuelle Attraktion ausübt. Kurz gesagt, aus meinem streng subjetiv männlichen Blickwinkel betrachtet knistert das ganze voll Erotik. Vielleicht nicht ganz das was ein Jugedbuchcover sollte, weshalb man sich wohl für eine Gestaltungsalternative entschied, welche dem ganzen weitgehend die Erotik nimmt, aber dadurch, persönliche Meinung, leider auch recht Langweilig wirkt.


 Zu beiden Cover lässt sich noch anfügen das sie tatsächlich überhaupt nicht auf die Geschichte zu passen scheinen, welche, wie ich den Reviews entnehme, sich des sehr ernsten Themas Essstörung annimmt, ich denke bei dem Cover immer es müsse im Mob-Milieu angesiedelt sein.

Das ich in die Falle tappe das Mädchen auf dem Cover tatsächlich auf ihre Ausstrahlung (ich schäme mich dies so zuzugeben, aber ja, auf ihren Körper) Reduziere, sagt dabei jedoch fürchte ich mehr über mich aus, denn über eine eventuelle subtile Kunstfertigkeit beim Coverdesign.

Klick auf das Cover führt zur Amazonseite 

Sonntag, 8. November 2015

Was fehlt, wenn ich verschwunden bin








Was fehlt, wenn ich verschwunden bin, Lilly Lindner
(Fischer, 2015)


"When people don't express themselves, they die one piece at a time."
-Laurie Halse Anderson, Speak

 April ist fort.
Seit Wochen kämpft sie in einer Klinik gegen ihre Magersucht an. Und seit Wochen antwortet sie nicht auf die Briefe, die ihre Schwester Phoebe ihr schreibt.
Wann wird April endlich wieder nach Hause kommen? Warum antwortet sie ihr nicht?
Phoebe hat tausend Fragen. Doch ihre Eltern schweigen hilflos und geben Phoebe keine Möglichkeit, zu begreifen, was ihrer Schwester fehlt. Aber sie versteht, wie unendlich traurig April ist. Und so schreibt sie ihr Briefe. Wort für Wort in die Stille hinein, die April hinterlassen hat.
Quelle: Fischer



 Phoebe, dass ist ein kleiner Irrwisch den man sehr schnell ins Herz schließt. Manchmal wirkt sie vielleicht etwas altklug und belehrend, wie kleine Kinder eben so sein können, aber sie bringt die Tatsachen mit kindlich naiver Weisheit und enervierender Klarheit auf den Punkt.
Es wäre so einfach, die Sache mit dem Zusammenleben, wenn wir nur Zuhören und auf andere mehr Rücksichten würden.
Sicherlich wäre sie Anstrengend um sich zu haben, aber die Fröhlichkeit und reine Lebensfreude die oft aus ihren Zeilen spricht, hilft einem durch die eher langsame erste Hälfte des Buches zu kommen.

 Dies wäre auch mein einzig verbliebener Kritikpunkt am Buch, die erste Hälfte mit Phoebes unbeantworteten Briefen an ihre Schwester ist zu Beginn, dem Thema  zum Trotz getragen von einer solchen Lebendigkeit das man, ja, sich sofort in die kleine Phoebe verliebt. Deren Briefe werden dann aber etwas wiederholend und fordern durchaus schon mal Durchhaltevermögen ein vom Leser. Da wurde mir die Geschichte, muss ich leider zugestehen, eine Zeit lang so Zäh das ich anfing mich an Belanglosigkeiten aufzuhalten, wie der Frage warum eigentlich, wenn die Geschichte in Berlin handelt, jeder, aber wirklich jeder einen klingenden englischen Namen trägt.

 So verfolgen wir über Phoebes Briefe die Geschichte bis zu ihrem Ende und dann in der zweiten Hälfte des Buches starten wir erneut, mit Aprils nicht abgesendeten Antwortbriefen.
Dieser gebrochene Dialog der dadurch entsteht setzt uns gegenüber Phoebe in den Vorteil, die mit ihren Fragen bis zum Schluss allein steht.

 Phoebe hat mich als Charakter angenehm an die Tochter ehemaliger Nachbarn erinnert, welche einem Stundenlang nachlaufen und Löcher in den Bauch fragen konnte, und wenn ihr mal die Fragen ausgingen, dann hat sie eben von vorne begonnen...

 April bringt in ihren Briefen diesen unnachahmlichen kindlichen Wesenszug perfekt auf den Punkt
 Weißt du eigentlich, dass die besten zwei Sekunden in meinem Leben die sind, die du brauchst um in mein Zimmer gestürmt zu kommen und mir fünf Fragen hintereinander zu stellen, nur um anschließend gleich wieder zu verschwinden, weil dir plötzlich eingefallen ist, dass du vergessen hast, Fork seinen Hundeknochen zu geben?


 April, dass ist der Charakter der einem das Herz bricht.
Aus ihren Briefen spricht eine so unverfälschte Liebe zu ihrer kleinen Schwester, und solch eine schmerzhafte Sehnsucht nach dem Leben, man kann nicht anders als mit ihr zu Leiden. Mit jedem Brief von ihr, da möchte man sie einfach nur in die Arme schließen und ihr "Es wird alles gut werden" zuflüstern, gerade so, als könnte man daran glauben.


 Erst in dieser zweiten Hälfte entfaltet das Buch dann seine Stärke so richtig, nimmt einen gefangen und lässt einen von da an und darüber hinaus nicht mehr los.
Die Briefen der beiden Schwestern schreibt Lilly Lindner in einer durch und durch poetischen, lebensnahen Prosa. Sie fängt Wörter ein, setzt sie in einen neuen Kontext, und ordnet dafür unsere rigide deutsche Grammatik auch schon mal dem Rhytmus der Sprache unter
 "Aber man kann dem losen Sinn hinterherrennen und ihn wieder einfangen. Ich denke, wenn man geschickt ist und viele Sinne einfängt, dann hat man das Leben mit Sinn voll."
 Ach, Phoebe.
 Du bist ein Satzzeichen.
 Du setzt Zeichen. Mit deinen Sätzen.
 Lillys Prosa scheint mir in solchen Momenten den Aufruf in sich zu tragen, nicht aufzuhören seine eigene Stimme, seine eigene Sprache zu suchen.
Denn wenn wir aufhören zu Kommunizieren, hören wir irgendwann auch auf zu Leben.


 Aprils Eltern im Buch machen einen erst betroffen, dann wütend, und am Ende fühlt man sich betroffen und wütend auf sich selbst, weil man sich ganz unversehens in ihnen wiederfinden kann je mehr man über ihr Handeln nachdenkt. Aus ihnen spricht Hilflosigkeit das eigene Kind zu verstehen, Unfähigkeit die Tiefe seines Schmerzes zu realisieren, vor allem aber das Unvermögen dem mit elterlicher Liebe zu begegnen.
Aber hätte man an ihrer Statt denn die Stärke, Dinge besser zu handhaben?


 Lilly Lindners Jugendbuch Debüt ist bewegend, beindruckend, es zwingt einen Nachzudenken, es lässt einen wütend und in Tränen aufgelöst zurück.
Es ist eine Aufforderung zuzuhören, auch und gerade dann wenn aufgehört wird zu Reden.
Es ist eine Liebeserklärung an das Leben - es ist für mich das Buch des Jahres.


Herzlichen Dank ans Sas von kopf.kino für das Buch

Mittwoch, 4. November 2015

tucking fypos

Wenn Prister (Ver-)bannen stellt das in diesem Fall wohl den klassischen Freudschen Vertipper dar:

Entdeckt auf BookBub, 01.09.'15