Ja, damals…, Else Hueck-Dehio
(Eugen Salzer Verlag, 1953)
Ein überaus passender Titel, stellen doch die beiden
enthaltenen Geschichten, angesiedelt um die Jahrhundertwende, einen zweifachen, aus heutiger Sicht gar dreifachen,
Blick zurück dar, auf vergangene Zeit und vergangene Jugend.
Der Band enthält auf seinen knapp 80 Seiten die Kurzgeschichte Taft zum Kragen welche mit leisem Humor von den Nöten einer jungen Pastoren Gattin
erzählt, die etwas Stoff für ihren Mantel erwerben will, eben jenen Taft zum
Kragen, aber diese Ausgabe nicht so recht zu Rechtfertigen vermag.
In ihrer
liebenswerten Ausgestaltung, mit ihren sympathisch menschlichen Figuren und
ihrem sachten Humor erinnert einen die Autorin da etwas an Ernst Lubitsch’s Filme.
„Das kleine Ereignis, von dem ich heute berichten möchte, hat, als es geschah, die Welt in keiner Weise bewegt. Aber es hat ein paar Menschenherzen verwandelt. Es hat ihnen gezeigt, dass die Bewegtheit der Herzen, ja, sogar deren unbedeutendste Fehlleistungen manchmal dazu dienen können, denen, die Gott lieben, zu dem ihren zu verhelfen.“
Gottesglaube ist ein zentrales Thema für die Charaktere der Autorin, in beiden
Geschichten. Aber dabei zeichnet sie ein Bild das so ganz anders ist zu dem
amerikanischer Schriftsteller, die gerne und oft einen mit eifersüchtigem Zorn
über die Moral wachenden Gott bemühen, in Else Hueck-Dehio’s werk ist Gott eine
besten falls unsichtbar im Hintergrund agierende Gestalt, aber eher noch
einfach nur ein Leitbild im Herzen ihrer Charaktere.
Das ist alles erfrischend weit von irgendwelchem
Bekehrungsbemühen.
Die zweite längere Geschichte, Tante Tüttchen, handelt von
einer verpassten Liebe, sowie dem Wandel der Zeiten. In der Art in der Tante
Tüttchen behütend über ihren Ziehsohn und dessen Freundin wacht, mal in
Erinnerung an ihre eigene Jugend versunken mal besorgt ob deren loser Moral,
das macht daraus eine zeitlose Geschichte die ganz ohne erhobenen Zeigefinger
auskommt und uns trotzdem dazu anhält über unser eigenes Verhältnis zum Wandel
der Zeiten und Gebräuche zu reflektieren.
Nicht ohne Humor aber auch mit einer bitter süßen Melancholie
erzählt die Autorin diese zweite Geschichte.
„Noch nie im Leben hatte sie einen Seidenstrumpf gesehen. Damals in jenem bewussten Jahr, hatte sie, wenn sie besonders schön sein wollte, einen weißen, ganz dünn gestrickten Zwirnstrumpf unter ihre schwarzen Spangenschuhe gezogen ... aber dieser Strumpf war eigentlich nur eine symbolische Handlung gewesen, denn genauso wenig wie einer jener mächtigen Unterröcke mit Volants war der weiße Strumpf je unter den langen Röcken zum Vorschein gekommen. Junge Mädchen hatten nur Fußspitzen.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen