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Freitag, 7. September 2012

Tara Road









Tara Road, by Meave Binchy
(Dell, 2000)

An dieser Stelle ist eine Offenbarung angebracht: Ich gehöre zu den Menschen die ganz gerne mal einen Abend (oder mehrere) mit einem TV-Drama ausklingen lassen. Rosamunde Pilcher und Emilie Richards, oder eben Meave Binchy. Ihr Roman Tara Road (dt: Ein Haus in Irland) diente als Basis für ein gleichnamiges TV-Drama mit Andie McDowell in einer der Hauptrollen, welches selbst wiederum, gefühlt, die Basis für den Hollywood Streifen The Holiday (dt: Liebe braucht keine Ferien) bildete. Da es mir Tara Road (Film) sehr angetan hat dachte ich also ich lese mal rein in Tara Road (Buch) - dabei war es letztlich der Tod der Autorin der zugegebenermaßen den entscheidenden Grund dafür lieferte dass es das Buch nun von meiner to-read Liste geschafft hat.

 Kurzinhalt:  
Tara Road ist die sich über die Jahre spannende Geschichte von Ria (eigentlich Maria) Johnson. Wir begleiten sie von ihrem ersten Date, bei dem sie einem Jungen erzählt das sie am Todestag von Clark Gable geboren wurde, was den Jungen Galan, damit beschäftigt unter Ria’s Bluse zu kommen, allerdings nur wenig interessiert, über ihren ersten Job, bei dem sie ihren späteren Gatten Danny kennen lernt, durch die Höhen und Tiefen ihres Ehelebens. In Nebenarmen der Geschichte verfolgen wir das Leben von Ria’s Freundinnen, Gertie, die nicht von ihrem trunksüchtigen Freund loskommt und diesen letztlich auch Heiratet, und Rosemary, die Geschäftlich erfolgreich ist aber emotional vereinsamt, sowie Ria’s Schwester die geplagt ist von einem bürgerlichen Misstrauen gegenüber allen Bessergestellten.


Es fällt schwer den Kern der Geschichte festzumachen, irgendwie ist Frau Binchy überall unterwegs und es ist manchmal nicht ganz klar wohin sie dabei eigentlich möchte. Es wird jedoch gelogen, betrogen und hintergangen - und dass ist nur das was Freunde und Familie sich antun - doch alles ist irgendwie in Ordnung, solange dabei nur der Schein gewahrt wird. Heuchelei als Lebensentwurf; das Leben in Binchy’s Dublin ist geprägt von einer erschreckend kleinstädtischen Spießbürgerlichkeit. Dabei fängt Tara Road langsam und irgendwie belangslos an, arbeitet sich zu einem ganz gelungenen Mittelteil vor, eben jenem der dann verfilmt wurde, und verliert sich gegen Ende wieder in Belanglosigkeit, allerdings mit einem unangenehm konservativ moralischen Nachgeschmack.

Das Ria’s Mann sie im Roman hintergeht verwundert einen nicht, man wundert sich eigentlich nur über die gutmütig naive Blindheit der Johnson Frauen gegenüber dem Offensichtlichen - denn Danny beweist schon bei seiner frühesten Begegnung mit Ria das er kein integerer Mann ist; er hintergeht die Makler-Firma bei der die Beiden arbeiten um selbst einen Deal mit einem ihrer Kunden zu machen, Barney McCarthy für den er dann auch arbeitet. Ein Jobwechsel mit dem der soziale Aufstieg für Ria beginnt - überhaupt ist Klassenstand ein gewichtiges Thema für die Charaktere des Buchs. Und als wäre der Betrug an ihren ehemaligen Arbeitgebern nicht Omen genug, hilft sie Danny zuliebe auch noch seinem Chef und Mentor dabei seine Frau zu hintergehen... Binchy macht es einem schwer mit irgendeinem der Charaktere in dem Roman zu Sympathisieren, dafür sind sie alle zu sehr Mensch, zu sehr mit Fehlern behaftet. Ria’s Freundinnen, die von der Untreue ihres Mannes wissen, wagen es, jede aus ihren persönlichen Gründen heraus, nicht Ria die Wahrheit darüber zu sagen und so zieht sich dies Seite um Seite hin bis man als Leser der Heldin erst einen satten Schlag auf den Hinterkopf geben mag, damit sie endlich einmal die Augen aufmacht, und irgendwann es einen einfach nicht mehr kümmert. Dasselbe gilt für Gertie’s Schicksal – man kann eben einfach nur soviel Mitleid aufbringen für Menschen die sich selbst ins Unglück manövrieren.

Unterm Strich präsentierte sich Tara Road mir als von eher deprimierender Natur, ein empfehlenswertes Buch für jene die etwas zu sehr unter Beziehungsnostalgie leiden, denn bei Binchy funktionieren weder Freundschaften noch Ehen.
So das ich nicht anders konnte als mich zu wundern welchem Zyniker wohl der Spruch auf dem Cover zuzurechnen ist:
The Heartwarming New York Times Bestseller
heißt es da.
Herzerwärmend ist Tara Road aber nur in den seltensten Fällen, dafür jedoch ist vieles nur allzu vertraut:
Die Mutter welche ständig ihre Tochter Kritisiert, sich schwer tut von überkommenen Moralvorstellungen zu lassen und mit Vorurteilen immer schnell bei der Hand ist, dabei aber ein genauso blindes Vertrauen in den Schwiegersohn hat. Die Tochter im Teenageralter, die darauf erpicht ist jede Äußerung ihrer Mutter als Kritik an ihrer Person zu werten. Der Gatte, der frei von jedem moralischen Empfinden sich nur dem eigenen Vorteil verpflichtet sieht. Die wilde teenager Freundin der Tochter, deren "Strafe" auf dem Fuße folgt*.

Tara Road ist also ein klassischer Frauenroman, der sich um Liebe, Freundschaft und Identitätssuche dreht. Der vom Mühsal des Ehelebens erzählt und der oft nahezu unerträglichen Seichtigkeit des Seins. Nein, Herzerwärmend ist das wirklich nicht, und das "Happy-End" baut zu sehr auf weitere Lügen und Heucheleien als das man es wirklich glücklich nennen könnte.

Dass allerdings Oprah das Buch für ihren Buch Club ausgewählt hat wundert mich kaum, wäre doch ein jeder der darin auftretenden Charaktere geradezu ein Geschenk ihre Talk-Show.

Meine ganz persönliche Empfehlung wäre es das Buch einfach zu ignorieren und sich der Verfilmung zu widmen, welche die weitgehend unnötigen ersten 300 Seiten dieses 600+ Seiten starken Schmökers ignoriert, und sich auf den Punkt im Buch konzentriert an dem die Geschichte endlich in Schwung kommt, und durch diese Kondensierung der Geschichte es schaft tatsächlich Sympathie für seine Akteure zu wecken. Es ist nämlich sehr viel einfacher Mitgefühl zu entwickeln wenn man erst am Ende ihrer Ehe einsteigt und nicht über Hunderte von Seiten hinweg miterleben muss wie der schöne Schein weiter und weiter abgebröckelt, bis endlich einmal auch die gutmütige Ria die Augen vor der Wahrheit nicht mehr verschließen kann...

Das alles nicht um zu Sagen das Maeve Binchy eine schlechte Autorin wäre, auch wenn sie sich nicht zu meinen Lieblingsautoren einreiht, denn die Tatsache das man über hunderte Seiten hinweg, auf denen im Grunde nichts passiert, in denen die Autorin sich immer und immer wieder in sinnlosen Nebengeschichten verliert, und häufig unglaubwürdigste Dialoge bemüht**, trotzdem an der Geschichte dran bleibt und sie es schafft das Interesse an dem Schicksal ihrer Charaktere aufrechtzuerhalten, obwohl diese einem aufgrund ihrer Fehlerhaftigkeit nie so richtig ans Herz wachsen wollen, das beweist durchaus schriftstellerisches Talent.

Freunde des Klassischen Frauenromans, die sich an dem immer latent präsenten oppressiv religiösen Unterton der sich durch die Irische Gesellschaft zieht nicht übermäßig Stören, könnten sich hier, allem zum Trotz, ganz gut unterhalten fühlen.

Mein persönliches Fazit für Tara Road:
Die Geschichte hat eine gewissen Charme; aber nur mit weniger Moralisieren, weniger Heuchelei und um die Hälfte gekürzer wäre es ein Buch das ich guten Gewissens weiterempfehlen könnte.


*Überhaupt ist dies ein großer Schwachpunkt des Romans, Binchy moralisiert das es einem Graust: Die Zügellosigkeit der Freundin führt prompt zur Teenagerschwangerschaft, die Tochter bekommt von ihrem ersten Freund erzählt ihre Schönheit wäre eine Aufforderung die sie nicht bereit ist Einzulösen und fühlt sich daher gemüßigt keine "ungebürlichen Signale" an ihre Männlichen Freunde auszusenden, die Mutter ist entsetz über den Gedanken ihre Tochter könnte mit fünfzehn schon(!) die Pille nehmen - kurz, es ist ein katholischer Alpdruck. Wie gesagt, Binchy moralisiert sehr viel, und vertritt dabei manch recht bedenkliche Werte; es gibt wohl nun Scheidung in Irland, wie gerne und oft im Buch gesagt wird, aber Feminismus, den gab es wohl noch nicht.

**Dies bezüglich ziehen vorallem Ria's Tochter, Annie, und ihre "Verehrer" (eigentlich nur Hormone auf Beinen) regelmäßig den kürzeren Strohhalm:
 "I didn't have sex with Sean Maine and I'm not going to have sex with you either, Hubie. Are we clear on both these matters?" Annie said.
"You're making the point very forcibly, yes," he said. "But the thing that really bugs me is that one day soon you are going to have sex with somebody and it won't be me, because you're going to be miles away."
Solche und ähnliche Stilblüten ziehen sich quer durch Annie's Einträge im Buch.

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