Dass ich persönlich mich mit für eine Trigger-Warnung bei Romanen ausspreche ist vermutlich kein Geheimnis - falls doch: Da steht es nun!
Bereits bei diesem dubiosen New Adult Label hatte ich schon immer das Gefühl das hier einfach nur Re-Marketing betrieben wird, Erotikromane in neuem Gewand mit gesellschaftsfähigerem Namen eben. Und da für das junge Publikum alles möglichst Edgy sein muss ist in diesen Romanen die ganze Palette sexuellen Missbrauchs und/oder sexualisierter Gewalt vertreten, von Intimidation bis zur Vergewaltigung, und wird zunehmend romantisiert dargestellt - das erinnert unangenehm an den früheren Romance Markt und seine Bodice Rippers.
Und nun bekommen wir noch das Romantisch umschriebene Dark Romance als Label vorgesetzt; zugegeben, im Kern, wenn man erst einmal verinnerlicht hat das gefühlte 80% der Romance tatsächlich Erotik Romane in anderer Verpackung sind - kann man schon ahnen was sich hinter Dark Romance verbirgt.
Nichts gutes nämlich.
Und so finden immer mehr Romane die sich mehr oder minder nur noch um "Sexy" Gewaltphantasien drehen ihren Weg in den Buchhandel, auch raus aus der Self-Publishing Schmuddelecke rein in Seriöse Verlage - oder was man bisher so dafür hielt, z.B. der Piper Verlag.
Es geht nicht um die Frage, darf man Gewaltphantasien schreiben, oder veröffentlichen, es geht darum wie diese Vermarktet werden. Wie ein Deckmantel der Seriösität dafür gesucht wird der einem erlaubt diese Werke zu Verkaufen ohne potentielle Käufer abzuschrecken, auch sehr gezielt gerade an junge Leser über eine entsprechende Aufmachung.
Sprich, anstatt das man Romane einfach klar als Erwachsenen-Literatur kennzeichnet, und im Fall expliziter Darstellung sexualisierter Gewalt mit einer Warnung versieht, werden neue kunstvolle Label-Namen gesucht mit denen man das ganze schön verpacken kann.
Kejas-Blogbuch stellt die Problematik ausführlicher vor (ich bemühe mich wann immer Möglich einen großen Bogen um solche Bücher zu machen):
Gewaltverherrlichung – Oder: die Buchwelt schockt uns!
Noch kurz zurück zum Thema Trigger-Warnung:
Hier geht's zum Wiki Artikel der das wichtigste dazu kurz zusammenfasst:
https://de.wikipedia.org/wiki/Triggerwarnung
Die Diskussion darüber ob Romane mit Trigger-Warnungen versehen werden sollten habe ich im Netz schon an anderer Stelle geführt, ich denke bei GoodReads.
Seltsamerweise scheint das Hauptargument der Gegner nur darauf hinauszulaufen das
a) Sie sich dadurch bevormundet fühlen
b) Man eine verdeckte Zensur darin sieht
Dazu lässt sich nur sagen, eine Warnung auf einem Buch ist genauso wenig "Bevormundung" wie wenn man Bücher mit Genre-Labels verkauft, oder fühlen sie sich davon gestört das auf Der Herr der Ringe fast immer ein Fantasy prangt?
Verdeckte Zensur ... nun das Argument mag am Umfeld gelegen haben, ich kenne kaum eine Ecke im Netz in der so schnell "Hilfe, Zensur!" geschrien wird, wie dort wo Amerikaner sich an der Diskussion beteiligen.
Ein extrem zynisches Argument auf das man leider auch stößt lautet grob:
"Weshalb eine Trigger Warnung? Müssen es ja nicht Lesen wenn sie es nicht vertragen."
Ich kann nur hoffen das dieses Argument lediglich aus Ignoranz derjenigen herrührt, welche keine Traumaerfahrungen im Leben gemacht haben und nicht nachvollziehen können worum es geht - das spricht nicht gerade für die Empathifähigkeit dieser Personen, lässt mich aber ruhiger schlafen als die möglichen Alternativen dazu.
Solche Hinweise finde ich auch sinnvoll, der Markt scheidet heutzutage sehr viel weniger klar zwischen Jugend- und Erwachsenenliteratur (oft mit dem Argument: "Die Jungen wissen heute doch eh schon viel mehr.") so das der Verlauf hier zunehmend verwischt.
AntwortenLöschenIch bin inzwischen so frei im Bezug auf sexualisierte Gewalt in Romanen auch zu Spoilern in meiner Besprechung einer Geschichte, vor allem wenn dieser Inhalt für mich im Vorfeld nicht zu erwarten stand, in seiner Beschreibung unnötig explizit dargestellt ist oder ich den Umgang damit für zu unreflektiert halte.
Ich sehe ehrlich gesagt nicht so ganz wo sich Leser gespoilert fühlen könnten, wenn Büchern eine kurze Inhaltswarnung beigegeben würde. Trotzdem, auch diesen Lesern könnte man ja entgegenkommen in dem man sich einfach darauf einigte die Inhaltswarnung verlagsübergreifen auf der letzten Innenseite zu plazieren.
Auf diese Weise wäre sie für Leser/Käufer/Verkäufer leicht einzusehen und alle die sich nicht "Spoilern" lassen wollen könnte die Hinweise problemlos ignorieren bis sie das Buch gelesen haben.
Hallo Gerd,
AntwortenLöschenich bin deiner Meinung: Diese Geschichten sollten einen Warnhinweis enthalten. Auf jeden Fall natürlich für Menschen mit traumatischen Erfahrungen, aber auch für Leser, die so etwas nicht lesen wollen. Ich habe damals bei Rezensionen erwähnt, dass die Geschichte erotische Szenen enthält, eben weil ich mir gedacht habe, dass diese Szenen vielleicht auch für jüngere Leser nicht so geeignet sind. Allerdings muss ich zugeben, dass ich diesen Hinweis mittlerweile auch habe schleifen lassen. Das liegt wohl daran, dass mittlerweile sehr viele Liebesromane erotische Szenen beinhalten. Dein Beitrag rüttelt da aber wieder wach.
Eine Bloggerin hat mir letztens auch erzählt, dass sie geschockt war, wie abwertend die Frauen in ihrem Buch behandelt und dass sie in dieser Geschichte sogar vergewaltigt wurden. Ob Romane solche Szenen beinhalten sollten?! Auf jeden Fall finde ich, dass hier ein Hinweis für die, die es nicht lesen möchten, absolut fair wäre. Auch eine Altersempfehlung halte ich da für zwingend notwendig.
Wo wir gerade so darüber sprechen: Weißt du, ob Altersempfehlungen überhaupt beachtet werden? Ich glaube nicht, dass Buchhändler sich erst mal den Ausweis zeigen lassen. Meist stehen sie ja auch nur im Internet irgendwo in der Vita des Buches.
Sehr schöner Beitrag.
Liebe Grüße
Tanja
Ja, so ging es mir mit einem Roman von Charlotte Link, den ich Abgebrochen habe weil darin eine sehr drastisch beschriebene Vergewaltigung vorkommt, zu ihrer Ehrenrettung, die Autorin, so wie ich das beim weiteren durchblättern herausgelesen habe, geht aber durchaus darauf ein wie dieses traumatische Erlebnis die Frau verändert, verfolgt und es sich auf ihren ganzen Lebensalltag auswirkt - was sehr viel mehr ist als man von vielen anderen Autoren und Autorinnen leider sagen kann.
LöschenNur war ich auf seine solche Entwicklung im Roman überhaupt nicht vorbereitet und emotional nicht darauf gefasst, ich weiß auch nicht recht wie sich dies später sinnvoll in die Handlung einfügt, da der Klappentext etwas gänzlich anderes erwarten ließ.
Ich weiß nicht wie dass heutzutage gehandhabt wird, denke mir aber, da es ja anders als bei Filmen keine gesetzliche Bindung gibt, es nicht anders ist als dies früher war. Obwohl ich in einer relativ kleinen Ortschaft aufgewachsen bin, haben bei uns zum Beispiel die Buchhändler kaum darauf geachtet was man dort kaufte, ich denke dass Buchhändler da auch nur auf Anfrage Empfehlungen aussprechen, falls sie mit den fraglichen Büchern überhaupt inhaltlich genügend vertraut sind - ich habe (mit weil der Film herauskam ehe es eine Bindung der FSK-Freigabe für Trailer vor dem Film an den Hauptfilm gab und man deshalb damit sehr jung in Verbindung gekommen ist) in einem sehr jungen Alter die "Geschichte der O" gelesen – na ja angelesen. Der Roman ist zwar für heutige Verhältnisse nahezu harmlos zu nennen in seinem Inhalt, aber solch kontextfreie Darstellung von Sex und Gewalt... sagen wir, das Buch ist in bleibender Erinnerung.
Hallo Gerd,
Löschenich hätte auch mal gemutmaßt, dass die Buchhändler da nicht groß kontrollieren. Wie du schon sagst: Die Händler haben vielleicht auch nicht jedes Buch gelesen. Ich denke gerade für jüngere Leser wäre es sehr ratsam einen Hinweis auf oder neben dem Buch anzubringen. Ich denke, dass es sich aber auch mit brutalen Stellen in Büchern ähnlich verhält. Bei mir ist es so, dass Bücher nicht so intensiv wirken, wie Filme. Ich habe aber schon oft gelesen, dass es anderen Lesern da anders ergeht. Umso wichtiger ist es, dass Leser in Rezensionen einen Hinweis einbauen, an dem andere sich orientieren können. Oftmals habe ich mir schon gedacht: Hui, das war jetzt aber schon eine recht heftige Stelle (was die Brutalität angeht) und mich gefragt, wie ein jüngerer Leser darauf reagieren würde. Oft war ich auch geschockt, wie niedrig die Altersfreigabe dann doch angesetzt war. Ich weiß nicht, ob die Jugendlichen von heute einfach abgehärteter sind oder aber ob man ihnen auch einfach mehr zumutet.
Aber ich komme vom Thema ab ;o) Vor einiger Zeit habe ich die Buchreihe von Jessica Koch gelesen. Ich weiß nicht, ob dir die Autorin etwas sagt. Sie hat drei Romane verfasst, in denen sie über die Vergangenheit und die ihres Freundes spricht. Ihr Freund wurde in der Jugend missbraucht. Die Autorin hat in Band 2 (wo es auch nötig war) eine Triggerwarnung angebracht. Das war das erste Mal, dass ich sowas in einem Buch gesehen habe.
Liebe Grüße
Tanja
Hi,
AntwortenLöschenich hab die Diskussionen letzte Woche auf Facebook ein bisschen verfolgt und etwas verblüfft über diesen (für mich) neuen Aufreger.
Ich lese in dem Genre ja so gut wie nie, deshalb kenne ich mich nicht aus und kenne auch das umstrittene Werk "Paper Princess" nicht, aber ich fand das ganze übertrieben, um ehrlich zu sein. Noch dazu, da dieses herausgepickte Buch nicht (!!!) als "Jugendbuch" sondern als "erotische Geschichte" deklariert wird ...
Ich hab als Jugendliche auch einigen Schund gelesen, was sicher nicht das richtige für mein Alter war - und ich hab auch einiges an Stephen King Büchern verschlungen, da war ich grad mal 14; und das hat mir oft schlaflose Nächte bereitet ;)
Wie oft jetzt sowas in diesen "Jugendbüchern" vorkommt, kann ich also nicht beurteilen, aber andererseits sind Jugendliche immer neugierig, und werden sowas auch lesen, wenns einen anderen Namen hat. Die sind auch nicht doof, auch wenn sie noch in der Pupertät stecken. Die wissen ganz genau, was gut ist und was nicht.
Wenn sich eine Jugendliche von dem Inhalt eines Buches, oder auch zwei, davon so krass beeinflussen lässt, würde ich sagen, dass da schon einige andere Probleme vorherrschen, BEVOR sie das Buch gelesen hat.
Ich glaube nicht, wenn jemand in dem Alter ein paar sexistische Bücher liest, unterwirft sie sich sofort dem nächsten Proleten, dem sie begegnet - wie sehr man davon beeinflusst wird, hängt von so unzähligen Faktoren ab ...
Jedenfalls hat mich das Thema jetzt so neugierig gemacht, dass ich zumindest den ersten Band von Paper Princess lesen werde, einfach, um mir da eine (bessere) eigene Meinung bilden zu können.
Liebste Grüße, Aleshanee
Ich konnte jetzt ehrlich gesagt weder bei Piper noch auf Amazon einen Verlegerhinweis entdecken das es sich dabei um einen "erotischen" Roman handeln soll, also ja, wie gesagt, ich würde mir da mehr Transparenz bei der Vermarktung erbeten.
LöschenWas den Inhalt angeht, ich würde fast behaupten wollen, würden männliche Autoren auf diesen Zug aufspringen würde man ihnen ihre Werke um die Ohren hauen und sie als als Frauenfeindlich vertreufeln. :)
Also bei Piper ist das Buch ganz klar gelistet unter:
LöschenBelletristik - Erotische Geschichten ;)
Guck mal https://www.piper.de/buecher/paper-princess-isbn-978-3-492-06071-4
steht direkt oben dabei - also nix Jugendbuch :)
und ich hab jetzt auch nochmal bei Amazon geschaut, bei der Produktinfo steht unten bei den Rängen: Erotik und Liebesroman ;)
LöschenWenn es ein Kinder/Jugendbuch wäre, würde bei Amazon ein "empfohlen ab ... Jahre" stehen
Was ich jetzt damit sagen wollte war eigentlich, dass Jugendbücher ja immer als Jugendbücher ausgewiesen sind.
LöschenDas ist jetzt bei dem Beispiel nicht der Fall. Ein Erwachsenenbuch muss man ja nicht kennzeichnen - dafür sinds ja die Jugendbücher, sowie eben die Alterangabe bei Amazon. Bei den Erwachsenenbüchern steht sowas nicht dabei.
Ob es jetzt andere "Jugendbücher" gibt, bei denen eine ähnliche Thematik vorherrscht, weiß ich halt nicht. Aber gerade bei dem Buch fand ich diesen ganzen Ansturm an "Unterstellungen" einfach einen Tick zuviel. Eben gerade auch aus den Gründen das es ja kein Jugendbuch ist
Das obere Listing ist mir bei Piper jetzt gar nicht aufgefallen, habe ich jetzt ehrlich gesagt überhaupt nicht darauf geachtet, ich habe mir nur die Buchbeschreibung angesehen, bei Amazon bin ich mir nie sicher nach welchen kriterien Bücher dort überhaupt eingestuft werden.
LöschenIch verlasse mich darauf das die Buchbeschreibung einen Hinweis darauf liefert was das ganze sein soll.
Hmm, also wenn ich das Buch bei Amazon nachschlage scheint es dort als "Liebesroman" verschlagwortet.
LöschenAber wie gesagt, ich weiss nicht wie Amazon das handhabt - ob das von Amazon selbst ausgeht oder iwie über die Kunden gesteuert wie bei GoodReads etwa wo Genre über die Mitgliederregale ermittelt werden (dort übrigens Romance / New Adult, was insofern recht passend scheint dass ja beide im Kern "Erotik" Genres sind).