The Girl from the Well, Rin Chupeco
(
Sourcebooks Fire, 2014)
Kurzinhalt:
Eine Japanische Legende berichtet vom Geist eines jungen Mädchens, der aus dem kriecht Brunnen um sich an dem Mann zu rächen der ihren toten Körper dort hinab warf.
Die sechzehnjährige Okiku kennt diese Legende.
Sie hat sie gelebt.
Sie ist der ruhelose Geist dieses Mädchens.
Dreihundert Jahre bewegt sie sich nun schon über die Erde, ruhelos, getrieben von Rachedurst und Leere. Nur wenn sie tötet findet sie für einen Moment der Ruhe. Okiku jagt perverse Kindermörder, solche wie der Mann der sie einst getötet hat. Wenn sie den Geistern derer Opfer die Möglichkeit gibt weiterzuziehen schwindet für einen flüchtigen Moment auch ihre innere Leere.
Dann taucht Tarquin* auf und mit ihm zieht etwas neues in die Nachbarschaft, etwas Böses, etwas das selbst einen dreihundert Jahre alten Rachegeist noch Furcht lehren kann.
We
are the fates that people fear to become. We are what happens to good
persons and to bad persons and to everyone in between. Murdered deads
live in storms without season, in time without flux. We do not go
because people do not let us go.
The Girl from the Well greift für den Charakter der Okiku auf eine reale Japanische Legende zurück, die selbe welche die Grundlage für
Ringu - The Ring bildete. Da die Geschichte im hier und jetzt spielt und da Rin Chupeco ein wenig ein Medien-Nerd zu sein scheint ist sich Okiku dieser Verbindung sehr wohl bewusst und weist im Roman auch selbst daraufhin. Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive Okikus, sie spricht dabei in erster Person doch aufgrund ihrer Beschreibung der Geschehnisse bei denen sie sich selbst gelegentlich in der Rolle eines unbeteiligten Beobachter sieht denken manche Leser irrtümlich der Roman wäre in dritter Person verfasst. Zudem nutzt die Autorin den
Present Tense, die Gegewartsform.
He parks his white car at one corner of the street, and strolls
toward where the crowd of people (fifty-seven) have gathered, watching
in fascination as medical personnel (four) wheel out a large gurney that
carries something (one) large and bulky, hidden from view by a large
black blanket.
Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig hier aber weitgehend so gut gelöst das sich die Autorin wenig Formfehler zu Schulden kommen lässt, dies holt sie jedoch in der Fortsetzung nach. In
The Suffering welches aus der Perspektive Tarquins erzählt wird fällt sie nach und nach in alle Fallgruben, logische Fehler des
Present Tense finden sich dort en masse.
Rin Chupeco schreibt einprägsam, und die Art in der sie Okiku ihre Sätze gelegentlich in fragmenten formen lässt spiegelt sehr gut die innere Zerrissenheit des Charakters wieder, welche eine Gratwanderung am Wahnsinn entlang durchläuft. Obwohl eindeutig als Roman für jüngere konzipiert gelingt es der Autorin durchaus auch Szenen einzubauen welche einem auch als erwachsener Leser noch einen Schauer den Rücken hinab jagen können.
Ein gelungener Einstiegsroman ins Horrorgenre, für junge Leser.
Okiku.
Oki-ku.
O
ki
ku.
"Okiku," I whisper.
Der größte Schwachpunkt bei
The Girl from the Well ist hierbei das Marketing.
Das Buch wird angepriesen als in den Fußstapfen von
The Ring und
The Grudge wandelnd, es werden parallelen zu
Der Exorzist gezogen. Sicherlich gehört klappern zum Handwerk und sind all diese Vergleiche als kompliment für die Autorin gedacht, aber sie sind eben auch irreführend.
Okiku ist (leider?) keine Sadako, sie tötet nicht wahllos, ungeachtet von Schuld oder Unschuld ihrer Opfer. Ihr Groll gilt nicht den Lebenden, sondern nur jenen die das Leben von Kindern nicht achten. Auch darauf weist Okiku sich ihrer selbst und ihrer unnatürlichen Existenz sehr bewusst (ein weiter Unterschied zu Geistern wie Sadako?) selbst hin.
Sie ist nicht einfach ein Rachegeist, sie ist ein Rachegeist der nur Gewalt über jene hat die Kinder bedrohen. Dies und Okikus im Kern friedlicher, mädchenhafter Charakter machen aus ihr vielmehr eine Art
Casper the friendly ghost, with a vengeance.
Man könnte auch sagen ihre Beziehung zu Tark ist ein wenig die Umkehr der
Vanessa, die Freundin der Geister Formel (damit Datiere ich mich).
Wie gesagt, Rin Chupeco hat mit
The Girl from the Well ein Jugendbuch geschrieben, allerdings eines welches sich angenehm aus der Masse hebt indem es hier keine klassische Liebesgeschichte gibt, die Beziehung zwischen Okiku und Tark bleibt zweckgebunden. Inhaltlich hätte ich mir etwas mehr Fokus gewünscht, eigentlich beginnt die Geschichte erst ab der Hälfte wirklich an Substanz und Richtung zu gewinnen, ehe es im letzten Drittel dem spannend aufgebauten Finale entgegen geht. Bis dorthin werden Charaktere eingeführt welche die Geschichte nicht immer vorantreiben können und auch schon mal nur als Stichwortgeber fungieren um dann sofort wieder in der Versenkung zu verschwinden.
Auch muss ich leider sagen ein Umstand der in der Fortsetzung noch augenfälliger wird.
The Suffering treibt ebenfalls bis zur Hälfte eher ziellos dahin, und gewinnt erst Struktur als es direkt zum Finale geht.
Ist der Erzählstil und Aufbau bei
The Girl from the Well noch sehr am Kino orientiert, und verlockt auch von daher zu den Unglücklichen vergleichen mit
The Ring und
The Grudge, liest sich
The Suffering, wenn es endlich in der Handlung angekommen ist, wie die Romanversion eines Computerspiels. Tark muss, eingesperrt in einem Geisterdorf welches er nicht mehr verlassen kann, unterschiedliche Quests erfüllen ehe er zum Endgegner vordringen kann. Als Teil dieser Quests offenbart sich ihm in Erinnerungsrückblenden nach und nach was mit dem Dorf und seinen Bewohnern geschehen ist. Die Ähnlichkeit zu
Fatal Frame (dt.
Projekt Zero) kommt hier sicher nicht von ungefähr, die Autorin weist sich selbst auf ihrer Homepage als Fan des Spiels aus und nennt es auch als Inspirationsgrundlage für den ersten Band.
Mit Tark als Erzähler funktioniert auch der
Present Tense Erzählstil nicht mehr, es kommt zum Beispiel immer wieder zu unlogischen Szenen, in denen Tark nach einem Zeitsprung kürzlich zurückliegende Ereignisse rekapituliert um damit die Lücken für den Leser zu füllen.
Während Okiku noch eine Art laufenden Kommentar für ihre eigenen Handlungen stellt, etwas das ihrem Selbstverständnis durchaus entspricht und ein bezeichnendes Licht auf ihren, nun, Geisteszustand (har, har) wirft, zeigt Tark ein unlogisch wirkendes Bewusstsein dafür dass es eine Leserschaft gibt, damit durch bricht die Autorin unbewusst und ungewollt die vierte Wand.
Auch der Grundton der Geschichte ändert sich, steht
The Girl from the Well noch im Vorsatz einen spannenden Horrorroman für junge Leser anzuliefern (was auch gelingt, nach persönlicher Meinung), steht in
The Suffering das Action und Abenteuer Element im Mittelpunkt, welches aber wie die Geschichte selbst erst sehr spät richtig in Schwung kommt, dann aber wie schon der Vorgänger es versteht auf ein spannendes Finale zuzuarbeiten. Leider war mir Tark als Erzähler grundsätzlich weniger sympathisch als Okiku, dass er einmal versucht einen Vergewaltiger vor Okikus Zorn zu bewahren hat da kaum geholfen.
Dies kritisiert, hat mir in beiden Bänden der Humor der Autorin sehr gefallen und es ist ihr für beide Bücher gelungen ein spannendes Finale zu liefern, somit würde ich einen dritten Band wenn er käme sofort aufgreifen.
The Suffering, Rin Chupeco
(Sourcebooks Fire, 2015)
Kurzinhalt:
Zwei Jahre sind seit seinem Japan Abenteuer vergangen.
Mit Okiku als ständiger Begleiterin, hat Tark begonnen als freischaffender Exorzist zu Arbeiten, denn wenn man die Geister einmal sieht, bemerkt Tark, ist Amerika überlaufen von ihnen.
Als eine Freundin aus dem Chinsei Temple im Aokigahara, einem Gebiet in Japan welches als Selbstmord Wald bekannt wurde, verschwindet, nachdem sie sich dort zusammen mit einem Amerikanischen Fernsehteam auf die Suche nach einem Sagenumwobenen Geisterdorf machte, gilt es für Tark nach Japan zurückzukehren und seine Ehrenschuld zu begleichen. Doch was sie im Aokigahara erwartet, ist ein Grauen dem auch Okiku machtlos gegenübersteht.
*
Wie der von Peter Cushing gespielte Grand Moff.