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Dienstag, 9. September 2014

Wie wir uns aus Versehen verliebten









Wie wir uns aus Versehen verliebten, Kristen Tracy
(cbj, 2014)


Kurzinhalt:
 Als Lucy die falsche Nummer wählt, landet sie ausgerechnet bei Highschoolflirt James Rusher in der Leitung. Auf Anhieb haben die beiden einen guten Draht zueinander: Was als Versehen begann, setzt sich mit Anrufen von früh bis spät fort. Im wirklichen Leben sind sich Lucy und James nie begegnet. Doch bald vertrauen sie sich Dinge an, die nicht einmal ihre engsten Freunde wissen. Als James endlich ein Treffen vorschlägt, willigt Lucy zögerlich ein - und dann versetzt James sie ...


 Üblicherweise stehe ich deutschen Titelübersetzungen/Neuschöpfungen immer etwas kritisch gegenüber. In diesem Fall jedoch mag ich den der hierfür neu geschaffene Titel. Nicht nur weil er eine leichtfüßige Jugendromanze verspricht, sondern es machte auch durchaus Sinn hier von einer reinen Titelübersetzung abzusehen.
Zum einen hätte sich der Doppelsinn des Originals (Hung Up) nicht ins Deutsche übertragen lassen, weil man es sowohl als vollendete Vergangenheit von "Aufgelegt" (Hung up the phone) als auch als "nicht loskommen von/an jemandem hängen" (to be hung up on) lesen kann - ein Wortspiel also darstellt, dass im Deutschen so nicht möglich ist.
Zum anderen war Aufgelegt (was die nächstliegende Übersetzung gewesen wäre nach meiner Meinung) bereits der deutsche Titel für ein nicht übermäßig erfolgreiches US Film-Drama.

 Ich habe eine vage Erinnerung daran das US Cover für das Buch gesehen zu haben, als es herauskam, war damals aber nicht übermäßig Begeistert davon, das deutsche Cover gefällt da schon mehr, es folgt angenehm einem gerade vorherrschenden Trend in der romantischen Jugendbuch Literatur und fügt sich nahtlos zu anderen Büchern aus dem Verlag.

 Aufgrund des US Covers jedoch verschwand das Buch sehr schnell wieder aus meinem Gedächtnis, bis ich auf LovelyBooks eine Rezi las in der eine Buchpassage Zitiert wird, welche so ähnlich auch in Gut gegen Nordwind hätte stehen können.
Als Fan wirkte das natürlich wie eine sofortige Kaufempfehlung.
"Lucy: Du solltest dir ein wasserfestes Handy zulegen, damit ich dich anrufen kann, wenn du unter der Dusche stehst. Denn das scheint der Ort zu sein, an dem ich dich am öftesten verpasse. [...]"

"James: Du bist das erste Mädchen, das mir gesagt hat, dass sie was verpasst, wenn ich unter der Dusche bin. Lucy. Lucy. Lucy. Ich frag mich, ob du auch nur halb so gut joggst, wie du flirtest."


 Zur Geschichte selbst.
 Nun, wie gesagt, das ganze erinnert einen zunächst sehr an Gut gegen Nordwind, von Daniel Glattauer, nur eben nicht mit eMails sondern über Telefonate und Sprachmailbox Nachrichten. Dabei fehlt jedoch meist der elegante Wortwitz der Glattauers Buch ausmacht. Und Lucy ist eben beleibe keine scharfzüngig schlagfertige Emmi Rothner.

 Anfangs geht dieser quasi Dauerdialog sehr flott und locker voran, wobei ich mich an Lucys unsicherer Art schon da immer wieder ein wenig stieß, wenn sie ganz unvermittelt aus heiterem Himmel James immer mal wieder die seltsamsten Absichten oder Gedankengänge unterstellt. Lucy hat eindeutig ein Problem mit ihrem Selbstwertgefühl. James dagegen schien mir zuviel davon zu haben, also Selbstwertgefühl. Er kann gefühlt kein Gespräch beenden ohne wenigstens einmal auf seine Muskeln hingewiesen zu haben oder zumindest die Tatsache erwähnt zu haben das er im Basketball Team ist - Urteil: Typ selbstverliebter Sportler.

 Tatsächlich wandelt sich James aber im Laufe ihrer Gespräche, wird offener, weniger selbstbezogen, zumindest aber weniger oberflächlich selbstbezogen. Lucy hingegen bleibt verschlossen und hat mich zur Mitte hin regelrecht genervt mit ihrem: "Es gibt etwas dass ich dir sagen muss, aber ich werde es nicht tun, sondern nur einfach so in den Raum stellen dass es da etwas gibt, um dich und die Leser in den Wahnsinn zu treiben."
An dieser Stelle sollte ich aber erwähnen dass der Grund für Lucys Wesen, warum sie ihre Identität so offensichtlich verschleiert und auch warum sie oft so kindlich naiv für eine Sechzehnjährige wirkt, einem zum Ende dann doch ein wenig Einleuchtet - aber unwissend dieser Dinge nervt sie eben erst mal.

 Im letzten Drittel des Romans bricht die Geschichte fast zusammen unter der Last all dessen was die Autorin ihr aufbürdet; da muss man sich mit Zufällen fern jeder Glaubwürdigkeit abfinden und wird zudem noch mit Drama zugeschüttet. Oder sagen wir, mit noch mehr Drama, denn James und Lucy haben jeder ihr privates Drama über das sie mit jemandem Reden müssen, aber dies offenbar nicht können mit den Menschen in ihrem Leben - es bedarf da erst jener fremden Stimme am Telefon. Es erscheint mir als wollte die Autorin zum Ende mit einem Paukenschlag den eingelullten, nicht zu sagen eingedösten, Leser wachschütteln und nebenher möglichst viele Storyfäden zu einem Ganzen verbinden - was sich dann aber eher wie ein Knäuel anfühlte denn wie ein Strang.

 Irgendwie vergibt die Autorin ihre guten Ansätze in einem nicht sehr Plausibel wirkenden, in seinem plötzlichen Richtungswechsel tendenziell irritierenden Plot. Trotzdem schaffte sie es zum Ende hin für mich wieder die Kurve zu bekommen und das Buch zu einem passend romantischen Abschluss zu bringen, in dem sich noch einmal die Leichtigkeit der ersten Seiten wiederfindet.

 Bei weitem kein komplett gelungenes Buch, aber lesenswerte, kurzweilige Unterhaltung wenn man sich an arg konstruierten Zufällen und etwas zu aufgesetzt wirkendem Drama nicht zu sehr stört.

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