Diese Website verwendet Cookies, um Dienste bereitzustellen, Anzeigen zu personalisieren und Zugriffe zu analysieren. Informationen werden an Google weitergegeben.
Durch die Nutzung der Website erklären Sie sich mit Googles Weltherrschaftsbestrebungen einverstanden.

Dienstag, 12. März 2013

Wolfsherz








Wolfsherz, Wolfgang Hohlbein
(Bastei, 1997)


Kurzinhalt:
 Das Journalisten Ehepaar Stefan und Rebecca Mewes reisen nach Bosnien-Herzegowina für ein Exklusiv-Interview mit einem Abtrünnigen Sowjet General Barkow. Doch bei ihrer Ankunft im Lager der Rebellen entpuppt sich das ihr Führer ganz eigene Pläne verfolgt und unversehens befinden sich die Drei auf der Flucht vor Barkows Mannen. Eine Flucht die sie durch ein von den Einheimischen Abergläubisch gemiedenes Gebiet führt. Dortselbst stoßen sie auf ein etwa vierjähriges Mädchen welches von Wölfen umringt ist. Sie bringen das Kind an sich und mit Hilfe ihres geheimnisvollen Führers gelingt ihnen die Rückkehr nach Deutschland. Damit beginnt der Ärger aber erst, Stefan und Rebecca spüren Veränderungen an sich, ihre Sinne scheine Schärfer, zugezogene Wunden Heilen unnatürlich schnell und etwas böses scheint von dem kleinen Mädchen, Eva, auszugehen. Schließlich taucht eine junge Fremde auf die behauptet Eva's Schwester zu sein und sie zurückholen will, aber auch Barkows Männer haben die jagt noch nicht aufgegeben...

Ich habe Hohlbein als Romanheftautor immer sehr geschätzt, doch das letzte Werk das ich von im las, Giganten, eine, im weitesten Sinne, Buchfassung der Bastei Heftserie Dino-Land, hatte mich seinerzeit genügend enttäuscht um Abstand von seinem weiteren Werk zu nehmen.
Wolfsherz jedoch hat mich dann doch wieder angezogen, ein Werwolfroman aus der Feder Hohlbeins der einen neune Twist für das Genre verspricht? Das Klingt vielversprechend!
Tja, aber wie das eben so ist mit großen Worten, große Taten folgen ihnen dann nur selten...

Das Problem mit Wolfsherz ist das der Roman viel zu lang geraten ist um noch unterhaltsam zu sein. Hohlbein walzt eine sich in wenigen Tagen entspinnende Geschichte auf über sechshundert Seiten aus, wenn etwa die Hälfte es mehr als getan hätte. Das liegt zur Hauptsache daran das Hohlbein offensichtlich noch nie einer Metapher begegnet ist, die ihm nicht gefallen hätte, und unglücklicherweise denkt er wohl sie auch alle verwenden zu müssen, und so muss sich der Leser immer wieder über mehrere aufeinanderfolgende Metaphern, die im Kern alle das selbe aussagen, hinwegklettern, ehe die Erzählung fortschreitet. Dabei zeigt der Autor zudem eine verhängnisvolle Liebe zu dem Begriff „wortwörtlich" (man glaubt gar nicht wie entnervend dieses Wort in der Wiederholung werden kann) und Sekundengenauen hinweisen darauf wie lange etwas in Anspruch nimmt (beides Fälle die er oft in kürzesten Zeitabständen wiederholt):
   Stefan hielt dem Blick ihrer irisierenden Augen für die gewaltige Zeit von beinahe einer Sekunde stand, dann machte er eine ärgerliche Handbewegung und trat vollends ins Zimmer hinein.


Oder er ergeht sich in ermüdenden detail Beschreibungen:
   Diese Frau hier war eine Göttin. Ihr Gesicht war schmal, hatte aber nicht jenen schon fast ausgemergelten Zug, der die meisten Fotomodels heutzutage auszeichnete, Stefans Geschmack aber gar nicht traf. Sie hatte einen dunklen, sehr gleichmäßigen Teint, der perfekt mit ihrem nachtschwarzen Haar harmonierte. Ihre Augen waren groß, dunkel und von vollkommen undefinierbarer Farbe: ein sehr dunkles Grün vielleicht, in dem Partikel von Braun, Blau und Schwarz zu schimmern schienen, wie verschiedenfarbene Sterne in den letzten Momenten der Dämmerung, und ihre Lippen waren sinnlich, voll und so geschnitten, dass sie zu einem permanenten Lächeln verzogen zu sein schienen. Obwohl sie noch immer so ungekämmt war und dieselben verwahrlosten Kleider trug wie am Morgen, wusste Stefan mit unerschütterlicher Sicherheit, dass der Körper darunter ebenso perfekt geformt und makellos war wie dieses Gesicht.
(Und ich möchte an dieser Stelle gar nicht weiter darauf angehen das die „Frau" die hier so anzüglich beschreiben wird an anderen Stellen oft als „noch Kindlich in ihrer Erscheinung" benannt wird.)


Schlimmer noch wird es im letzten Teil, wenn er es zwar endlich schafft das Tempo anzuziehen aber seine Geschichte auf Wendungen zusteuert die vor allem deshalb überraschen weil sie in keiner weise auf zuvor gesagtes aufgebaut sind, nicht das bald fünfhundert Seiten Gelaber nicht mehr als genug Raum dafür geboten hätten, sondern einfach wie aus der Luft gepflügt erscheinen.
Dazu gesellt sich eine Unzahl von Wortauslassungen und falsch gesetzten Kommata (Worttrennungen die keinen Sinn ergeben und damit sofort ins Auge fallen) die es fraglich machen ob je irgendein Lektor Hand an das Buch gelegt hat.

Dabei ist der Ansatz in Wolfsherz, die Idee eine klassische Werwolfgeschichte mit einem Agententhriller zu paaren, gar nicht so uninteressant und hätte einiges an Unterhaltungspotential gehabt. Es hätte eben nur jemand den Autoren zur Ordnung rufen müssen, seine sich in endloser Repetition ergehenden Metaphern zusammenstreichen und auf die zahlreichen Logiksprünge hinweisen sollen.

Wolfsherz ist nicht unlesbar, aber es erfordert vom Leser sehr viel Geduld und Bereitschaft über kleinere, vor allem aber die größeren, Ungereimtheiten großzügig hinweg zu blicken – ich denke mir als Heftroman-Mehrteiler hätte das Projekt besser funktioniert.
Oder vielleicht bin ich einfach nur schon zu lange schon aus meiner Hohlbein-Phase herausgewachsen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen