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Donnerstag, 20. Juni 2013

ophelia speaks









ophelia speaks, Sara Shandler
 (Harper Perennial, 1999)

 Nach Sara Shandler's eigenen Worten entstand ophelia speaks als Antwort auf Mary Pipher's Reviving Ophelia* (Riverhead Trade, 1994), ein Buch das die Probleme heranwachsender Mädchen zum Thema hat und in welchem, laut Shandler, sich alles um sexualisierte Gewalt, Essstörungen und selbstverletzendes Verhalten dreht. Da Sara Shandler dem Buch zwar inhaltlich zustimmte, aber sich durch die Worte Mary Pipher's nicht repräsentiert fühlte, plante sie ein Projekt auf die Beine zu stellen in dem Jugendliche ihren Weg zum Erwachsen werden in ihren eigenen Worten schildern konnten, eben ophelia speaks.
Ein löbliches Ansinnen.

Leider stellt Sara, nach meinem Empfinden, ihren jungen Autorinnen ein Bein in dem sie das Buch aus ungeklärten Gründen** mit eben genau den oben angeführten Themen, sexualisierte Gewalt, Missbrauch, Essstörungen und Selbstverletzung, startet, ehe sie sich dann zu den alltäglicheren, oder besser, zu den weiter nachvollziehbaren Themen herabarbeitet.

Damit möchte ich nicht jene Beiträge abwerten in denen es um nicht minder gravierende Lebenserfahrungen im Umgang mit Eltern, Geschwistern, Freunden geht, oder gar um deren Verlust. Es ist nur so das nach dem Horror sexualisierter Gewalt, einem der Tod eines Angehörigen, oder "nur" die Sorge um das Rollenbild das man seiner jüngeren Schwester vermittelt, einem vergleichsweise banal vorkommt.

Es fehlt dem Buch an leider etwas positiven Beiträgen, doch gibt es es durchaus wie zum Beispiel den herrlich melodramatisch, romantischen Text von Laverne Difazio, der das Phänomen erster Liebe wunderbar unterhaltsam und selbst ironisch aufzeigt.

Auch verpasst Sara, nach meiner Ansicht, die Chance einzelne Texte in einen Bezug zueinander zu stellen, so finden wir zu beginn des Buches einen Abschnitt der sich dem Thema Körperimage und Essstörungen widmet, den folgenden Text dann aber erst im Abschluss unter dem Header Feminist Pride:
"Did you know that when I was anorexic and looked like a beanpole, I felt more powerful than I do now? Now I can eat cereal without feeling bloated and no longer have increased risk of heart failure, but I don't feel the same power? Wearing a crop top was definitely better than consuming enough protein to live on. Try eating nothing but apples for a month. It produces an incredible head rush. That's girl power."***
(Fight Girl Power, by Emily Carmichael, 15)


Mein Hauptproblem jedoch mit Ophelia Speaks ist das eher negative Bild das es von der modernen Jugend und ihrem Verständnis vom Aufwachsen zeichnet, ein Bild das sich in folgendem Satz, aus dem letzten Beitrag, zusammen fassen lässt:
"No longer I was Sarah Bright, hot chick who let Jeff Shepard fuck her. I was Sarah Fucking Bright, woman who fucked Jeff Shepard and wore a sly smirk as she floated through campus."****
Es geht nicht darum zu einem Miteinander zu finden, es dreht sich zumeist nur darum zu klären wer gerade wen benutzt.


Was heißt dass nun im Abschluss?
Ist ophelia speaks für mich ein schlechtes, oder nicht empfehlenswertes Buch?
Nein, im Gegenteil. Trotz seiner erheblichen Schwächen finde ich dass ophelia speaks ein gutes Buch für Jugendliche abgibt, gerade wegen der oftmals überraschend einsichtigen Beiträge, wie dem oben auszugsweise wiedergegeben Text von Emily Carmichael in dem sie uns erklärt warum "Girl Power" Mädchen in Wirklichkeit schadet.
ophelia speaks fehlt zwar die tiefe und die repräsentative Breite eines Frauen und Liebe von Shere Hite (Goldmann, 1988), die für ihre Studie auf Tausende von Beiträgen zurückgreifen konnte (Sara nennt uns keine abschließenden Zahlen, aber hier scheint es nur in die Hunderte zu gehen) und ist leider auch sehr stark durch amerikanisches Moralitätsdenken geprägt,  macht dies jedoch in einem Teil seiner Texte durch hohe Nachvollziehbarkeit und Offenheit wieder wett (in dem Buch finden sich allerdings auch in Free Verse verfasste Texte deren inhaltlicher Sinn sich mir zumeist nicht erschloss).


* Benannt nach der tragischen Frauenfigur aus Shakespeare's Hamlet, welche, fremdbestimmt durch die Männer in ihrem Leben und vom Gram um den Tod ihres Vaters in den Wahn getrieben, den Freitod im Wasser sucht.

** Meine Befürchtung ist hier das sie einem sensationalistischen Medienimperativ folgt der nach einem "Hook", einem den Leser einfangenden Haken verlangt.

*** Freie Übersetzung: "Wusstest du das ich, als ich Magersüchtig war und aus sah wie ein Bohnenstock, mich mächtiger fühlte als ich es jetzt tue? Jetzt kann ich Müsli essen ohne mich aufgebläht zu fühlen und habe kein erhöhtes Herzinfarktrisiko mehr, aber ich fühle nicht mehr die selbe Macht? Ein kurzgeschnittenes Top zu tragen war definitiv besser als genug Protein zum Überleben aufzunehmen. Versuch nichts zu Essen als Äpfel für einen ganzen Monat. Es führt zu einem unglaublichen Schwindelgefühl. Das ist girl power."

*** Freie Übersetzung: "Nicht länger war ich Sarah Bright, heisse Tussie welche sich von Jeff Shapard hatte ficken lassen. Ich war Sarah Verdammt Bright, die Frau welche Jeff Shpard gefickt hat und ein durchtriebenes Grinsen trug während sie über die Schulflure glittt."

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